Fortbildungen 2000

9. Stoffwechseltagung (Fachkongreß) am 6.-7. Mai 2000 in Überlingen
Tagungsbericht der 9. Überlinger Stoffwechseltagung der Ärztegesellschaft Heilfasten und Ernährung eV.

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Schwerpunkte

HERZ UND KREISLAUF IM FASTEN
* Fastenwirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem
A. Michalsen, Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin,
Kliniken Essen-Mitte, Knappschaftskrankenhaus, Essen

* Untersuchungen zum Katecholaminstoffwechsel beim Therapeutischen Fasten
E. Conradi*, L. Göhler*, T. Grüne*, P. Oehme**, H. D. Steglich***
* Klinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation,
Universitätsklinikum Charite, Berlin
** Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie,
Forschungsverbund Berlin e. V.;
*** Klinik für Physiotherapie, Klinikum Berlin-Buch

* Anwendungsbeobachtung bei fastenden Hypertonikern
A. Jänsch, Klinik für Naturheilkunde des Universitätsklinikums
Benjamin Franklin der Freien Universität, III. Innere Abteilung
Naturheilweisen und Frührehabilitation, Krankenhaus Moabit, Berlin

* Blutdrucknormalisierung im Fasten
F. Wilhelmi de Toledo, Klinik Buchinger am Bodensee, Überlingen

* Rückbildung der Linksherzhypertrophie durch Fasten – Position der ÄGHE zum Thema „Abbau von Herzmuskeleiweiß“
M. Boschmann, Deutsches Institut für Ernährungsforschung, Bergholz-Rehbrücke

* Konzept einer Langzeitstudie „Fasten und Hypertonie“
K.-L. Resch*, R. Stange**
* Forschungsinstitut für Balneologie und Kurortwissenschaft, Bad Elster
** Freie Universität Berlin, Klinik für Naturheilkunde des
Universitätsklinikums Benjamin Franklin, Krankenhaus Moabit, Berlin

* Die Proteinfrage beim Fasten
Andrea Ciro Chiappa, Universität Gießen

FASTEN – EIN PSYCHOTONIKUM?
* Fasten als Naturheilverfahren
M. Bühring, Lehrstuhl für Naturheilkunde, Universitätsklinikum
Benjamin Franklin, Krankenhaus Moabit, Berlin

* Gibt es eine Biologie des Glücks? Der Einfluß von Fasten auf das serotonerge System und die Cortisolproduktion
M. Wendt, Kantonsspital Liestal, Liestal, Schweiz;

* Befindlichkeitsuntersuchung bei stationären FastenpatientInnen
A. Lang, München

WORKSHOPS
* Lebensstiländerung nach dem Ornish-Konzept
P. A. Safian, Albert Schweitzer Klinik, Königsfeld

* Die Methode Kousmine
F. Wilhelmi de Toledo, Klinik Buchinger am Bodensee, Überlingen

* Diagnostik und Therapie nach F. X. Mayr (Mayr-Kur) unter besonderer Berücksichtigung von Herzkreislauferkrankungen
W. May, Schwangau

* Sinn und Unsinn von Kurzzeitdiäten
H. Lützner, Überlingen

* Kooperationsmodell: „kleine Ernährungstherapie“ zur Ernährungs- und Verhaltensschulung: Fasten/Ernährung und niedergelassene ÄrztInnen
* Die Rolle des Hausarztes bei der Behandlung ernährungsabhängiger Krankheiten
H. Lützner, Überlingen

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HERZ UND KREISLAUF IM FASTEN

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Fastenwirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem
A. Michalsen, Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin, Kliniken Essen-Mitte, Knappschaftskrankenhaus, Essen

Die koronare Herzerkrankung, die arterielle Hypertonie und die chronische Herzinsuffizienz gelten als bewährte Indikationen für das therapeutische Fasten (bei Beachtung der Kontraindikationen). Der Wirksamkeitsnachweis in Bezug auf klinische Endpunkte beruht überwiegend auf retrospektiv erhobenen Daten. Sehr viel genauer können die akuten metabolischen, kreislaufphysiologischen, kardial autonomen und neuro-endokrinen Wirkungen eines kurzzeitigen Fastens anhand der Literatur und eigener Untersuchungen beschrieben werden. Nachgewiesen sind eine initiale Diurese mit entsprechender Kreislaufentlastung und Stimulierung des katecholaminergen Systems, obwohl klinisch ein Blutdruckabfall und eine Reduktion der Herzfrequenz auftritt. Mögliche Zusammenhänge mit einer ANP-Sensitivierung und Leptindepletion werden aufgezeigt. Viele der Akuteffekte bilden sich nach Nahrungswiederaufnahme rasch zurück.

Messungen der Herzfrequenzvariabilität weisen jedoch auf eine spezifische Beeinflussung der kardialen autonomen Regulation, möglicherweise Korrelat der traditionell postulierten „vegetativen Umstimmung“. Ob diese Veränderungen zu langanhaltenden therapeutischen Effekten beitragen können, ist derzeit ungeklärt. Auch für die kardiologische Therapie sind die psychotonen Wirkungen des Fastens von vorrangiger Bedeutung. Die pathogene Wirkung von Faktoren wie Depression, Angst, Stressanfälligkeit und Überforderung wird zunehmend erkannt. Möglicherweise erleichtert Fasten die oft erforderliche Ernährungsumstellung nach der Diagnose einer Herz-Kreislauferkrankung. Kontrollierte Studien zum therapeutischen Fasten werden insbesondere die Aspekte der Stressbewältigung und Ernährungsmodifikation als vielversprechende Ansätze zu überprüfen haben.

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Untersuchungen zum Katecholaminstoffwechsel beim Therapeutischen Fasten
E. Conradi*, L. Göhler*, T. Grüne*, P. Oehme**, H. D. Steglich***
* Klinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation, Universitätsklinikum Charite, Berlin
** Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie, Forschungsverbund Berlin e. V.
*** Klinik für Physiotherapie, Klinikum Berlin-Buch

Das metabolische Syndrom ist eine komplexe Störung aufgrund einer multifaktoriellen Genese, die durch hohen Blutdruck, diabetische Stoffwechsellage und Übergewicht charakterisiert ist. Aus der Suche nach effizienter und möglicherweise kausaler Therapie ergibt sich die Notwendigkeit die pathogenetischen Mechanismen zu erforschen. Dazu bot sich das Therapeutische Fasten als eine komplexe Therapiemaßnahme an. Insbesondere interessierte dabei der Katecholaminstoffwechsel.

Es wurden 16 Patienten mit metabolischem Syndrom im Alter von 30 bis 58 Jahren während einer 16-tägigen Fastenperiode untersucht. Sowohl am Tag vor dem Fasten als auch am 2., 4. und 16. Tag wurde eine 15-minütige standardisierte Ergometerbelastung durchgeführt und in Ruhe, direkt nach der Belastung und 30 Minuten nach Entspannung u. a. die Serumkonzentrationen von Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin und Malondialdehyd untersucht. Die Ergebnisse wurden mit dem multiplen Rangsummentest nach Wilcoxon und Wilcox sowie dem Zweistichprobentest nach Wilcoxon bei Irrtumswahrscheinlichkeit mit 5 % geprüft.

Ergebnisse: Neben einem kontinuierlichen Gewichtsverlust von 9,5 kg nahmen die Serumkonzentration von Adrenalin und Noradrenalin tendenziell ab, was sich am 16. Fastentag als signifikant erwies. Die Katecholaminwerte stiegen erwartungsgemäß unter körperlicher Belastung signifikant an, es zeigte sich jedoch auch hier, dass bis zum 16. Tag die Reduzierung der Werte signifikant ist. Patienten mit manifestem Hypertonus wiesen einen stärkeren Abfall der Katecholamine auf. Die Studie bestätigt außerdem die Normalisierung der systolischen und diastolischen Blutdruckwerte.

Schlußfolgerungen: Durch eine Fastenperiode von über zwei Wochen kann der Katecholaminstoffwechsel parallel zur Senkung der Blutdruckwerte und der Gewichtsabnahme signifikant reduziert werden.

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Anwendungsbeobachtung bei fastenden Hypertonikern
A. Jänsch, Klinik für Naturheilkunde des Universitätsklinikums Benjamin Franklin der Freien Universität, III. Innere Abteilung Naturheilweisen und Frührehabilitation, Krankenhaus Moabit, Berlin

Die naturheilkundliche Therapie der Hypertonie unter stationären Bedingungen ist ein multimodaler Ansatz, der Formen der Ernährungs-, der Bewegungs-, der Hydro- und der Ordnungstherapie beinhaltet, somit aller Klassischer Naturheilverfahren mit Ausnahme der Phytotherapie, für die sich keine wirksame Pflanze bislang hat etablieren lassen. In unserer Klinik hat sich aufgrund langjähriger Erfahrung insbesondere mit solchen Patienten, bei denen die Hypertonie Bestandteil eines Metabolischen Syndroms ist, ein teilstandardisiertes Vorgehen erarbeiten lassen. Dieses beinhaltet u.a. eine Fastentherapie nach Buchinger bzw. eine Milch-Semmel-Diät nach F.X Mayr. Wenn dies nicht möglich ist, z.B. bei Motivationsmangel oder Rauchen, erhalten übergewichtige Patienten eine vegetarische Reduktionskost (800 kcal), selten eine konventionelle Reduktionskost (1200 kcal). In einer offenen Untersuchung sollten zunächst elementare Fragen zur Wirksamkeit dieser von vielen KollegInnen über Jahre als erfolgreich empfundenen Praxis geprüft werden. Dabei wurden die Verläufe von 30 sukzessiven Patienten protokolliert und insbesondere unmittelbar nach der Aufnahme sowie unmittelbar vor der Entlassung eine Fahrradergometrie durchgeführt. Als weitere Zielgrößen wurden der Ruheblutdruck bei Aufnahme und Entlassung (Mittelwert aus drei Messungen an einem Tag) sowie die Medikation registriert. Deren Veränderung während des stationären Aufenthaltes sowie in der ambulanten Station in der Nachbeobachtung wurde den behandelnden KollegInnen freigestellt. Bei einem Patienten erfolgte wegen einer unerwartet vorzeitig erwünschten Entlassung keine Auswertung.

Systolische und diastolische Blutdrucke wiesen zu Beginn, meist unter einer Mehrfach-Kombinationstherapie, wie zur Entlassung eine befriedigende und im Verlauf nicht veränderte RR-Einstellung der Gruppe auf.
Die im Ergometerversuch registrierte Ruhe-Herzfrequenz ließ sich tendenziell, aber nicht statistisch signifikant bessern. In den höchsten Belastungsstufen, die individuell meist höher als bei Aufnahme lagen, wurde die Herzfrequenz signifikant gesteigert. Bei 18 von 25 Patienten konnte eine antihypertensive Medikation komplett abgebaut werden. In der Nachbeobachtung über drei und sechs Monate nahm der Anteil der medikationspflichtigen Patienten bei allerdings erheblichen Erhebungsverlusten langsam wieder zu.

Die Ergebnisse dieser kleinen Untersuchung legen nahe, den Einfluss eines komplexen stationären Therapieangebotes auf den Verlauf der Hochdruck-Erkrankung unter standardisierten Bedingungen, insbesondere in Bezug auf die körperliche Aktivität und unter Berücksichtigung weiterer Parameter (z.B. 24-h-RR-Protokolle) zu untersuchen. Bei größeren Patientenzahlen sollten fastende und nicht-fastende Patienten vergleichend ausgewertet werden.

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Blutdrucknormalisierung im Fasten

F. Wilhelmi de Toledo, Klinik Buchinger am Bodensee, Überlingen

In der Normalbevölkerung findet sich eine Hypertonierate von etwa 20 %. Bei Übergewichtigen finden sich sogar bei ca. 50% der Fälle erhöhte Blutdruckwerte. Die unmittelbar blutdrucksenkende Wirkung des Fastens ist mehrmals wissenschaftlich bei Nulldiät und proteinmodifiziertem Fasten dokumentiert worden.

Durch eine 3-monatige Datenerhebung in der Klinik Buchinger am Bodensee konnten wir diese blutdrucksenkende Wirkung mit dem Buchinger-Fasten ebenfalls dokumentieren. Wir untersuchten ein Kollektiv mit 350 Personen: 150 Männer (43%) und 200 Frauen (57%). 263 fasteten (75%) und 74 (25%) erhielten eine vegetarische, fettarme, vital- und ballaststoffreiche und rohkostreiche Diät. Von unserem Kollektiv waren 144 Personen zum ersten Mal im der Klinik (41%), die Übrigen zwischen 2 und 30 Mal. Im Durchschnitt lag die Wiederholungsfrequenz bei den Fastern bei 4,38 % und bei den Essern bei 4,35 %. Das Durchschnittsalter für die gesamte Gruppe lag bei 55 Jahren (54 Jahre bei den Frauen, 56 Jahre bei den Männern) mit einem Mindestalter von 18 und einem Höchstalter von 85 Jahren. Der Durchschnitts-BMI betrug 28,67 kg/m² ( 28,26 bei den Männern, 26;79 bei den Frauen). Die durchschnittliche Fastendauer betrug 13 Tage, zusätzlich 3-4 Aufbautage.

Blutdruckvariation
Betrachtet man das gesamte Kollektiv (n =337) getrennt nach Fasten- und Diätgruppe, ergibt sich eine signifikante Verminderung des systolischen Blutdruckes mit dem Unterschied zwischen Anfang und Ende von -18 mmHg (p=0,0001) für Esser und -24 mmHg (p=0,0001) für Faster und beim diastolischen Brutdruck eine Differenz bei den Essern von -10 mm Hg (p=0,0001) und bei den Fastern von -13 mmHg(p=0,0001).
In beiden Gruppen reduzierte sich der Blutdruck, aber dieser Effekt war signifikant stärker bei der Fastengruppe: Beim systolischem Blutdruck (P =0,02) und beim diastolischen Blutdruck (p=0,04). Zusammenfassend ergibt sich beim Buchinger Fasten eine eindeutige blutdrucksenkende Wirkung sowohl bei Fastern als auch bei Patienten, welche eine Diät machen, wobei die blutdrucksenkende Wirkung bei Fastern signifikant größer ist.
Bei diesen Messungen wurden wie üblich alle Blutdruckdaten berücksichtigt, unabhängig davon, ob die Patientinnen einen Bluthochdruck bei der Aufnahme hatten oder ob sie dafür medikamentös behandelt worden waren. Im letzteren Fall müssten die Blutdruck Werte separat bewertet werden da sie sich unterschiedlich entwickeln je nachdem wie die antihypertensive Medikation reduziert, verändert oder absetzt.

So untersuchten wir die Blutdruckvariationen in verschiedenen Subgruppen:

l) Die ProbandInnen, die eine antihypertensive Medikation bei der Aufnahme aufwiesen.
Medikationsänderung bei Hypertoniker anlässlich Fasten bzw. der Diät (n =44): Die Ergebnisse zeigen, dass 15 Personen von der Medikation her gleich geblieben sind, 8 haben sie reduziert, 3 haben sie umgesetzt und 18 haben sie absetzen können. Die Fastengruppe konnte signifikant häufiger die Medikation absetzen als die Diätgruppe.

2) Die ProbandInnen, die bei der Aufnahme nicht mit Antihypertensiva behandelt wurden.
Von den 268 Personen die ohne Bluthochdruck-Medikation kamen, hatten bei der Aufnahme 88 einen Blutdruck höher als 100 + Alter mmHg systolisch oder/und höher als 90 diastolisch. Die übrigen hatten einen normalen Blutdruck. Es ergab sich bei allen Gruppen (Fasten wie Diät) ein signifikanten Abfall -wie erwartet.
Dennoch ergab sich aber bei 9 Fälle keine Blutdruck-Normalisierung trotz Fasten. Diese Fälle werden speziell untersucht mit der Absicht, Prädiktoren der Response vs. Fastenresistenz herauszufinden.

Schlussfolgerung: Die Verminderung des Blutdruckes während kalorienreduzierter vegetarischer Diät und beim Buchinger-Fasten lässt sich analog wie bei der Nulldiät oder dem proteinmodifizierten Fasten dokumentieren. Das Fasten wirkt dabei intensiver. Antihypertensive Medikation lies sich dabei in mehr als 50% der Fälle absetzen.

Weitere Studien mit Follow up über Monate und Jahre werden benötigt um die Aufrechterhaltung der Blutdruck-Normalisierung zu dokumentieren.

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Rückbildung der Linksherzhypertrophie durch Fasten – Position der ÄGHE zum Thema „Abbau von Herzmuskeleiweiß“
M. Boschmann, Deutsches Institut für Ernährungsforschung, Bergholz-Rehbrücke

Die Linksherzhypertrophie (LVH) hat nach den Ergebnissen der Framingham-Heart-Studie in der weißen Bevölkerung eine Prävalenz von 14% bei Männern und 18% bei Frauen. Verglichen mit der weißen Bevölkerung liegt die Prävalenz bei Afroamerikanern noch höher. LVH geht mit einer um 100% erhöhten Mortalitätsrate einher.

Die Diagnose ‚Linksherzhypertrophie‘ wird heute überwiegend durch die Echokardiographie gestellt. Es gibt insgesamt vier verschiedene geometrische Muster der LVH wobei die konzentrische (erhöhte Masse und Wanddicke) und die exzentrische (erhöhte Masse, relativ normale Wanddicke) Form am häufigsten sind. Die konzentrische Form ist hauptsächlich mit Bluthochdruck, die exzentrische Form mit Adipositas assoziiert. Nach den Ergebnissen der San-Antonio-Heart-Studie sind Adipositas und Bluthochdruck eng miteinander verbunden. Etwa die Hälfte aller Adipösen entwickelt im Laufe der Zeit eine Hypertonie. Umgekehrt ist nahezu jeder zweite Hypertoniker adipös. Insbesondere die Adipositas vom zentralen, abdominalen Typ zeigt eine starke Assoziation mit der LVH. Der zentrale Fettverteilungstyp ist auch stark mit Ausbildung einer Insulinresistenz assoziiert. Verschiedene Studien belegen, dass die Insulinresistenz als ursächlich für die Entwicklung des Bluthochdrucks angesehen werden muss. Die Entwicklung der Adipositas geht immer mit einer Erhöhung der fettfreien Masse einher. Die Ergebnisse neuerer Studien zeigen, dass die LVH vorwiegend mit der fettfreien Masse korreliert, die Fettmasse spielt eine untergeordnete Rolle.
Eine frühzeitige, effektive Therapie der LVH ist aufgrund der stark erhöhten Mortalitätsrate dringend geboten. Sie sollte darauf zielen, beides, Bluthochdruck und Übergewicht, innerhalb angemessener Zeiträume zu reduzieren. Die Behandlung des Bluthochdrucks erfolgt vorwiegend pharmakologisch, die des Übergewichtes l) initial über Reduktionsdiäten bei gleichzeitiger Schulung zur Erlangung eines normalisierten Essverhaltens und 2) über angemessene körperliche Bewegung.
In einer kürzlich durchgeführten Studie über vier Wochen (A. Wirth, H. Kröger, Bad Rothenfelde, Deutschland) resultierte eine Kombination aus Reduktionsdiät (800 kcal / die) und Bewegung in einer Reduktion von Körpergewicht (-8,3 kg), systolischem (-17 mmHg) und diastolischem (-11 mmHg) Blutdruck, sowie linksventrikulärer Herzmasse (-10%). Die linksventrikuläre Kontraktilität war deutlich verbessert.
Eine Gewichtsreduktion über entweder eine Reduktionsdiät oder ein schonend durchgeführtes Fasten vermindert einerseits die LVH und verbessert andererseits deutlich die kontraktile Leistung des Herzens. Von einem ‚kritischen‘ Abbau von Herzmuskelmasse kann nicht gesprochen werden. Eine ausreichende ärztliche Konsultation und Kontrolle vor Beginn und während des Programms zur Gewichtsreduktion werden jedoch dringend empfohlen.

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Konzept einer Langzeit-Studie „Fasten und Hypertonie“
K.-L. Resch*, R. Stange**
* Forschungsinstitut für Balneologie und Kurortwissenschaft, Bad Elster
** Freie Universität Berlin, Klinik für Naturheilkunde des Universitätsklinikums Benjamin Franklin, Krankenhaus Moabit, Berlin

Schon seit langer Zeit ist der hohe Blutdruck als Indikator für Herz-/Kreislauferkrankungen anerkannt. Neuere Untersuchungen haben inzwischen zweifelsfrei belegen können, dass die Hypertonie darüber hinaus direkt und ursächlich verantwortlich ist u.a. für Herzinfarkt und Schlaganfall. Deshalb ist eine blutdrucksenkende Therapie eine direkte präventive Maßnahme wobei im Prinzip gilt, dass die Anzahl der Stunden, die ein Mensch in seinem Leben mit hohem Blutdruck verbringt, kumulativ sein Risiko erhöht. Jede Stunde Blutdrucknormalisierung ist also eine „gewonnene“ Stunde. Abgezogen werden muss von diesem Gewinn das zusätzliche Risiko („Nebenwirkungen“), das durch eine Therapie induziert wird.

In diesem Zusammenhang kommt den vielfältigen positiven Erfahrungen mit Heilfasten in der Therapie des Hypertonus, sowohl hinsichtlich der Wirksamkeit wie auch der Verträglichkeit/Sicherheit besondere Bedeutung zu.
Allerdings werden aus methodischen Gründen Erfahrungsberichte allein inzwischen zunehmend weniger als hinreichender Beleg vor allem für Wirksamkeit einer Therapie akzeptiert, um ihre Erstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen zu rechtfertigen. Gefordert wird der definitive, valide Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen Therapie und Effekt (hier: der Fastentherapie und der Blutdrucksenkung). Im Rahmen der immer stärker werdenden Diskussion um die Vertretbarkeit der Kosten einer Therapie ist darüber hinaus auch der Nachweis der Nachhaltigkeit von hervorragender Bedeutung.
Im Rahmen eines Dialoges sollen die individuellen Erfahrungen im Bereich „Fasten und Hypertonie“ erfasst werden und darauf soll aufbauend eine gemeinsame Strategie entwickelt werden, die es ermöglichen soll, der Fastentherapie den ihr gebührenden Platz in der Therapie der Hypertonie sichern bzw. zurückerobern zu helfen.

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Die Proteinfrage beim Fasten
A.-C. Chiappa, Gießen

Die frühe Entdeckung von Stickstoff und später von Protein als essentieller Nährstoff begünstigte die umfangreiche Erforschung des Stickstoffhaushaltes in der medizinischen Pathophysiologie. Die negativen Stickstoffbilanzen bei fiebrigen, infektiösen und schwächenden Erkrankungen als auch im Fasten wurden undifferenziert als pathologische Stickstoff- und Muskelmassenverluste bewertet.
Mit steigendem Bedarf einer effektiven diätetischen Adipositastherapie stand die Frage nach pathologischen Proteinverlusten wieder im Interesse medizinischer Forschung. Hierzu zählen Entfettungskuren gegen Ende des letzten Jahrhunderts, stationäre Nulldiäten in den 1960er und „proteinsparende“, sehr energiearme Diäten (VLED) ab dem Ende der 1970er. Die vorhandene Literatur über Ergebnisse und Erfassung des Proteinstatus im Fasten wurde überblickt. Dazu wurden Prinzipien und Grenzen biochemischer, physikalischer und immunologischer Untersuchungsmethoden des N-Haushaltes beschrieben und auf ihre Aussagekraft hin diskutiert.

N-Bilanz-Verfahren sind limitiert in Methodik und Interpretation, können aber über den Nettoverbrauch gültige Aussagen machen. Plasmaproteine sind, unabhängig vom Ernährungsstatus, entweder unsensibel oder von der akuten Nährstoffzufuhr abhängig. Die Skelettmuskelmassenbestimmung über renales Kreatinin und 3-Methylhistidin liefern im Fasten unzuverlässige Ergebnisse. Die indirekte quantitative Bestimmung von relativen und absoluten Veränderungen im Körperprotein oder FFM mittels 40K-Zählung und Impedanzanalyse (BIA) ist in der Situation adipöser Körper und im Fasten methodisch limitiert. Die direkte N-Bestimmung über eine aufwendige in-vivo Neutronen-Aktivierungsanalyse (IVNAA) kann vermutlich auf Körperveränderungen im Fasten sensibel reagieren, jedoch stehen Reliabilitätsprüfungen an größeren Populationen noch aus. Die Interaktionen im Organismus zwischen Energie und Protein sind komplex. Die Regulationsprinzipien sind größtenteils bekannt, nicht aber molekulare, hormonelle und substratspezifische Regulationsmechanismen. Im Fasten zeigt die Homöostase des Energiesubstratstoffwechsels und des Körpergewichtes charakteristische Verläufe. Der Energie- und Proteinstoffwechsel adaptiert hochregulativ an Nährstoffrestriktionen und ökonomisiert das Energiesubstratgemisch entsprechend nach verfügbaren Energiereserven. Mehrere direkte und indirekte Mechanismen ökonomisieren den Protein- und Energiehaushalt. Frühe und spätere Umstellungen glukoseobligater Organe auf Fettsäuren- und Ketonsubstrate zählen zu den wichtigsten indirekten N-Einsparungen. Daneben spielen direkte Einflüsse auf Proteinumsatz, sowie Reutilisierung und Redistribution von Aminosäuren eine bedeutende Rolle.

Es wird gezeigt, dass eine optimale Überlebensstrategie über einen selektiven Körperproteinabbau in verschiedenen Organen und Muskelgruppen erzielt wird. Dabei bleiben die Regulationsmechanismen weitgehend unverstanden. Zudem demonstrieren Studien einen gezielten Abbau pathologischer Strukturen im Fasten.

Während die maximale Fastendauer in Normalgewichtigen von der initialen Fettmasse limitiert wird, kann in Adipösen die fettfreie Masse (FFM) bzw. der Proteinbestand die letale Fastendauer determinieren. Die Überlebensdauer von adipösen FasterInnen werden von zwei Faktoren (Kcal% und FM/FFM) bestimmt. Sie variieren interindividuell und sind vermutlich genetisch determiniert. Im Vergleich zu Mageren haben Adipöse mit 30 % FFM-Anteil am Übergewicht eine höhere FFM und einen etwa 2-3fach geringeren Proteinanteil am Energieverbrauch (Kcal%). Zusammen ermöglichen sie die optimale Überlebensstrategie im Fasten.

Abschließend zeigt sich, dass Wechselwirkungen zwischen Energie- und Proteinstoffwechsel von folgenden Faktoren beeinflusst werden: Geschlecht, Alter, Fettmasse, Fettfreimasse, Quantität und Qualität von Nahrungsprotein, Grad und Länge der Energierestriktion, Ernährungszustand, Mineralienzufuhr, Bewegung und Genotyp. Unklar bleiben genetische und molekulare Regulationsprozesse, die die Variabilität im N-Verbrauch bestimmen.

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FASTEN – EIN PSYCHOTONIKUM?
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Fasten als Naturheilverfahren
M. Bühring, Lehrstuhl für Naturheilkunde, Universitätsklinikum Benjamin Franklin, Krankenhaus Moabit, Berlin

Naturheilverfahren werden an ihren Mitteln und ihren Methoden (a) und an den besonderen Wirkprinzipien einer naturgemäßen Therapie definiert (b), aus beiden Versuchen können Grundlagen für den praktischen Einsatz und für das theoretische Verständnis abgeleitet werden. Eine demogemäße Analyse und Interpretation des Fastens steht in mancher Beziehung noch aus. Als Thema einer Naturheilkunde ist Fasten zusätzlich mit einer hier entwickelten, besonderen Anthropologie und mit besonderen Gesichtspunkten zur Nosologie mancher Erkrankungen (d) konfrontiert.

Gesichtspunkte nach (a) sind in diesem speziellen Fall nur eingeschränkt auszumachen, Fasten ist weder ein Mittel noch ein Verfahren i. S. einer aktiven Einflussnahme oder Behandlung. Es stellt Bedingungen her, unter welchen der Organismus selbst reagiert.
Von den klassischen Wirkprinzipien (b) einer eliminatio, einer substitutio, einer directio und/oder einer stimulatio wird häufig zuerst die eliminierende Behandlung gesehen, Fasten ist dann Teil einer ab- und ausleitenden Therapie mit einem Abbau und einer Ausscheidung körpereigener Substanzen und von Schlackenstoffen. Günstige Wirkungen auf die Trophik und die Funktion einzelner Gewebe sind durchaus vorstellbar, bei einer Argumentation mit den bekannten vier „Säften“ und einer materia peccans werden aber Vorstellungen der Humoralpathologie von vielen Autoren unzulässig simplifiziert und profanisiert. Problematisch ist auch der Einsatz von Fasten als „entgiftende“ Therapie in Zusammenhang mit psychopathologischen Reaktionen bei einer oft extern induzierten Umweltphobie.

Wesentlich interessanter ist das stimulierende Wirkprinzip des Fastens, das Prinzip des heilsamen Reizes und der gesundenden Reaktion. Akuteffekte sind am besten für den vegetativen Tonus und die vegetative Regulation, für verschiedene Anteile des endokrinen Systems und für manche metabolischen Prozesse belegt. Eigene Untersuchungen haben sich bisher mit Wirkungen auf die Thermoregulation, den Leberstoffwechsel und das antioxidative Abwehrsystem beschäftigt.
Für die immunologische Abwehr kann noch nicht differenziert werden, in welchem Ausmaß sie unter dem Einfluss der vegetativen Regulation oder in ihren funktionellen Zusammenhängen mit dem darm-assoziierten Immunsystems beeinflusst wird.
Im Gegensatz zu den meisten stimulierenden Naturheilverfahren handelt es sich beim Fasten weniger um einen akuten Reiz als um einen längerfristigen Zustand, in welchem dem Organismus Ausgleich, Umstimmung und Normalisierung gestörter Körperfunktionen gelingen und dem Patienten auf einer höheren Ebene Katharsis, Besinnung und eine neue Orientierung möglich werden.
Insofern ist Fasten Teil einer Autonomie anregenden Therapie, welche den Organismus (im Sinne einer heute präferierten bio-psycho-sozialen Entität) eine individuelle und ihm gemäße Gesundheit anstreben lässt. Weiterführende Interpretation des Fastens (etwa auf der humanen Ebene moderner Systemtheorie) konfrontieren den Patienten mit Kultur und Spiritualität, damit befriedigen sie ein wichtiges Thema postmaterialistischer Ansprüche und eine Frage nach Sinn und Sinnhaftigkeit.
An dieser Stelle ergeben sich auch wichtige Möglichkeiten zu einer Motivation. Statt einer aversiven Einteilung gegenüber der Nahrungsaufnahme mit einer ausschließlich negativen Emotionalität werden Einstellungen und Bedürfnisse angeregt, aus welchen eine angemessene Diätetik zu einem persönlichen Anliegen werden. Gesichtspunkte zur Anthropologie (c) sind in der europäischen Medizin – auch in der europäischen Naturheilkunde – zuletzt stark vernachlässigt worden. An dieser Stelle erscheinen eine Aufarbeitung historischen und ethnomedizinischen Materials und eine Komparatistik verschiedener Systeme sinnvoll und dringend indiziert. Neben den vordergründigen Gesichtspunkten zum Körperbau (z. B. im Sinne der Konstitutionstypen nach Kretschmer) müssen Gesichtspunkte zur Struktur (z. B. typus laxus und typus strictus), zur Tonizität (F. Hoffmann, 1660-1742) und zur Irritabilität (J. Brown, 1735-1788) wieder erarbeitet werden. Ähnliches gilt für eine an Humoralmedizin orientierte Betrachtung oder für „energetische“ Gesichtspunkte fernöstlicher Systematiken, z. B. für eine Differenzierung von „Fülle“ und „Leere“.

Vergleichbare Aufgaben können auch für eine Bearbeitung an Naturheilkunde orientierter Nosologie (d) formuliert werden. Neben neuen Erkenntnissen „schulmedizinischer“ Grundlagenforschung (z. B. metabolisches Syndrom, Bedeutung gastroenterologischer Verhältnisse für die globale vegetative Regulation und die immunologische Abwehr) sind aus nosologischen Konzepten zunächst fremder medizinischer Systeme interessante Anregungen zu erwarten.
Damit wird deutlich: Eine anspruchsvolle, an der modernen Schule und an tradierter Medizin orientierte Naturheilkunde ist auch für eine Fastentherapie von einem hohen theoretischen und praktischen Wert. Sie liefert wichtige Gesichtspunkte für die Ratio, die Indikation, die Durchführung und die begleitende Therapie.

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Gibt es eine Biologie des Glücks? Der Einfluss vom Fasten auf das serotonerge System und die Cortisolproduktion
M. Wendt, Kantonsspital Liestal, Liestal, Schweiz; G. Hölz, Kurpark-Klinik Überlingen

Ob es eine Biologie des Glücks gibt, ist schwierig zu beantworten, da wir nicht wirklich wissen was Glück ist und wie wir es messen könnten. Zumindest als Einklang mit uns und der Welt erleben wir es, wenn uns zentrales Nervensystem mit seiner Informationsverarbeitung in geordneten Bahnen der eng miteinander verschalteten Netzwerke verläuft. Jeder Außenreiz oder innere Verarbeitungsmechanismus kann eine Veränderung der Aktivierung der miteinander verschalteten Netzwerke verursachen. Kann keine geeignete Reaktion zur Beseitigung der so entstandenen Störung ausgelöst werden, so breitet sich die Erregung als unspezifische Aktivierung aus und erreicht schließlich auch die für die emotionalen Reaktionen (Stress, Angst) verantwortliche limbische Hirnregion (l).
Wir wissen jedoch, dass verschiedene Überträgersysteme (Neurotransmitter) im Gehirn eine große Rolle bei der Unterdrückung von Stress und Angst spielen. Ein Beispiel dafür ist das serotonerge System, welches bei erhöhter Stimulation zu einer „Harmonisierung“ in vielen verschiedenen Hirnbereichen führt (2). Man muss es sich als „Projektionsbaum“ vorstellen, dessen Fortsätze im Mittelhirn lokalisiert sind und an den in allen Hirnbereichen lokalisierten Enden regelmäßig Serotonin als Botenstoff ausgeschüttet wird. Dieser beeinflusst die Erregbarkeit der nachgeschalteten Nervenzellen und führt damit zu einem global wirksamen „Harmonisierungseffekt“.
Es gibt mehrere Möglichkeiten diesen Effekt zu verstärken: Einmal kurzfristig durch den Verzehr stark kohlenhydrat- und fetthaltiger Nahrungsmittel und längerfristig durch Nahrungsrestriktion (Fasten).
Aus Tierversuchen ist seit längerem bekannt, dass es auch bei kurzzeitiger Nahrungskarenz zu einer erhöhten Tryptophanverfügbarkeit (Vorstufe des Serotonins) und daher zu einer gesteigerten Serotoninsynthese und -freisetzung durch serotonerge Präsynapsen kommt (3, 4, 5). Es gibt noch einen weiteren interessanten Effekt, der erst nach einigen Tagen auftritt (6): Nahrungsrestriktion vermindert die Anzahl von Serotonintransportern in den Nervenendigungen serotonerger Neurone. Wenn Ratten nur die Hälfte ihrer normalerweise täglich aufgenommenen Futtermenge erhalten, führt diese restriktive Ernährung nach einer Woche zu einer deutlichen Verringerung der Dichte von Serotonintransportern im Kortex. Im Falle einer vierzehntägigen Restriktion ist dieser Effekt noch ausgeprägter. Aufgrund der niedrigeren Dichte der Serotonintransporter kommt es zu einer dauerhaft verminderten Effizienz der Wiederaufnahme des freigesetzten Transmitters und damit zu einer verlängerten Verweildauer des Serotonins im synaptischen Spalt mit länger andauernder Interaktion des Serotonins. Das bedeutet, dass ein Teil der psychischen Effekte des Fastens hierdurch erklärt werden können.

In der Vergangenheit, besonders in der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur, wurde seit den fünfziger Jahren behauptet, dass Fasten, Nicht-Essen, Stress für den Körper bedeute (Minnessota-Studie).

Hunger, ein mit sehr starker Unlust empfundener Zustand, ist mit einer Aktivierung der neuroendokrinen Stressreaktion verbunden. Es kommt zu einer Sequenz metabolischer und hormoneller Anpassungen an die nutritive Mangelsituation und zur Aktivierung Stresssensitiver Systeme (z. B. initial vermehrte Katecholaminausschüttung). Das hypothalamisch-hypophyseo-adrenokortikale System wird stimuliert, das mit einer vermehrten Bildung und Ausschüttung von Corticotropin-Releasing-Hormon, von ACTH, ß-Endorphin und schließlich Cortisol einhergeht. All diese Substanzen lösen ihrerseits als Signalstoffe wieder eine ganze Reihe weiterer Reaktionen im ZNS aus.

In einer neueren Untersuchung, die 1998 bei ca. 30 Patienten in der Kurpark-Klinik in Überlingen durchgeführt wurde, wurden die Stresshormone Cortison, Adrenalin, Normadrenalin und zusätzlich Melatonin bei verschiedenen Patienten bestimmt, die mindestens vierzehn Tage lang Heilfasten nach Buchinger durchgeführt haben. Diese Hormone wurden im 12-Std. Nachturin bestimmt und zwar als Mittelwert über drei Nächte zu Beginn des Fastens, am 5., 6. und 7. Fastentag, am Ende des Fasten sowie vor der Abreise. Interessant ist, das die Stresshormone nicht wie zu erwarten war, stetig angestiegen sind. Im Mittelwert sind sie zunächst in der Mitte der Fastenperiode etwas angestiegen, dann aber über längere Zeit unter den Ausgangswert gesunken.

Betrachtet man jedoch einzelne Fastenverläufe, so unterscheiden sich diese in der Stresshormonausscheidung erheblich. Eine persönliche Bewertung anhand von Fragebogen zu der aktuellen Befindlichkeit (7) lässt die Tendenz erkennen, mit welcher Einstellung eine Person zu dem Nahrungsverzicht steht und wie sich diese auf den Fastenverlauf und damit die Stresshormonausscheidung auswirkt (8).

Die oben beschriebene „Hungerkaskade“ auf zentralnervöser Ebene wird wahrscheinlich nicht nur nicht ausgelöst, sondern sogar recht effizient unterdrückt, wenn man nicht hungert, sondern fastet – freiwillig, ohne Angst und ohne Stress. Damit spielt die individuelle Bewertung u. a. eine entscheidende Rolle für die durch eine eingeschränkte Nahrungszufuhr ausgelösten neurobiologischen und neuroendokrinen Effekte und deren Auswirkungen auf die Psyche und den Körper.

Literatur:
1) Huether G. (1996): The central adaption syndrom; Psychosocial stress as a trigger for adaptive modifications of brain structure and brain function. Prog. Neurobio. 48, 569-612
2) Huether G., Ruether, E. (1999): Das serotonerge System. Unimed Verlag Bremen
3) Kantak K.M., Wayner M. J., Stein J. M. (1978): Effects of various periods of food deprivation an serotonin synthesis in the lateral hypothalamus. Pharmacol. Biochem. Behav. 9, 534-541
4) Mesulam M. M. (1993): Large-scale neurocognitive networks and distributed processing for attention, language and memory. Ann neurol af endocrine and neurotransmitter changes. Neurosci. Biebeh. Revs. 17, 287-294
5) Rothenberger A., Huether G. (1997): Die Bedeutung von psychosozialem Stress im Kindesalter für die strukturelle und funktionelle Hirnreifung: neurobiologische Grundlagen der Entwicklungspsychopathologie. Prax. Kinderpsycho. Kinderpsychat. 46, 623-644
6) Huether G., Zhou D., Schmidt S., Wiltfang J-, Ruether E. (1997): Long-term food restriction down-regulates the density of serotonin transporters in the rat frontal cortex. Biol. Psychiatry
7) Zerssen D. v., Koeller D.-M. (1976): Die Befindlichkeits-Skala Bf-S. Beltz Test Gesellschaft
8) Ellrott T., Huether G., Hölz G., Schubmann R., Wendt M.: Die Entwicklung von Stresshormonen und Befindlichkeit während stationären Heilfastens (in Arbeit)

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Befindlichkeitsuntersuchungen bei stationären FastenpatientInnen
A. Lang, München

Wie verändert sich das Befinden von FastenpatientInnen im Verlauf einer in einer Klinik durchgeführten Fastenkur?
Zur Beantwortung dieser Frage nahmen in einem Zeitraum von drei Monaten 69 FastenpatientInnen der Klinik Buchinger am ersten, siebten und letzten Fastentag an dem Testverfahren der Eigenschaftswörterliste (EWL) teil. Bei der EWL handelt es sich um ein in der Praxis bewährtes Selbstbeurteilungsverfahren (Fragebogen) zur Beschreibung des aktuellen Befindens. Die Interpretationsstufen der EWL, die insgesamt 161 das Befinden eines Menschen umschreibende Eigenschaftswörter beinhaltet, beziehen sich auf fünfzehn Befindensmerkmale (3. Stufe), auf sechs Befindensbereiche (2. Stufe) sowie auf zwei Befindensklassen (1. Stufe), die Klassen der „Positiven Befindlichkeit“ und der „Negativen Befindlichkeit“.
Die Untersuchung zeigt, dass sich das Befinden von FastenpatientInnen – nach ihrer eigenen Einschätzung – im Verlauf der Fastenkur signifikant verbessert. Dies lässt sich über die Klasse der Positiven Befindlichkeit mit ihren Bereichen „Leistungsbezogene Aktivität“, „Extraversion/Introversion“ und „Allgemeines Wohlbefinden“ ebenso feststellen wie über die Klasse der Negativen Befindlichkeit mit ihren Bereichen „Allgemeine Desaktivität“, „Emotionale Gereiztheit“ und „Angst“.

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WORKSHOPS
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Lebensstiländerung nach dem Ornish-Konzept
P. A. Safian, Albert Schweitzer Klinik, Königsfeld

Das in der Albert Schweitzer Klinik seit Anfang 1993 durchgeführte Lifestyle-Interventionsprogramm zur Änderung des Lebensstils von Koronarpatienten basiert auf den Erkenntnissen der San Franciscoer Originalstudie von Dean Ornish und auf unseren eigenen jahrelangen Erfahrungen. Das Programm stellt eine Ergänzung, Weiterentwicklung und Adaptation an deutsche Verhältnisse und den stationären Klinikablauf sowie den ambulanten Versorgungsbereich dar. Bis zum heutigen Tag nahmen 594 Interessenten an dem Programm teil, 23% davon waren Partner.

Das Lifestyle-Interventionsprogramms verfolgt folgende Ziele: Reduzierung des Risikofaktorenprofils in seiner Gesamtheit durch eine komprehensive Intervention im Sinne einer Lebensstiländerung, Aufbau einer expliziten, motivierten und langfristig angelegten gesundheitsfördernden Einstellung und Compliance durch die Vermittlung positiver, protektiver und gesundheitsfördender Erfahrungen wie auch durch die Wissensvermittlung von Maßnahmen zum Abbau von Risikofaktoren, Förderung und Stärkung der Autonomie, Kompetenz, Selbstverantwortung und Selbstbestimmung des Koronarkranken im Umgang mit seiner Erkrankung und den Alltagsanforderungen sowie die Verbesserung der persönlichen Lebensqualität.

Das 7-Stufenprogramm zur Lebensstiländerung beinhaltet eine freiwillige und explizite Tabakabstinenz, eine nahezu fettfreie Ernährung, verschiedene Stressmanagementtechniken wie Dehnübungen aus dem Hatha-Yoga, Progressive Muskelrelaxation, Atemübungen, Meditation und eine verhaltenstheoretische Schulung zum Abbau von Stressfaktoren, psychologische Gruppenarbeit mit einschlägigen Verfahren wie Verhaltensübungen, Rollenspiel, Visualisierung und Imagination sowie dem klinisch-therapeutischen Gespräch, ein umfangreiches Ausdauertraining, Aufbau einer Laienexpertise und Motivierung zum Eintritt in den „Deutschen Verband zur Förderung Koronarkranker durch Lebensstilveränderung (DVFKL)“, der die Patienten vor allem in der ambulanten Phase unterstützt.

Unsere Befunde belegen, dass Lifestyle-Patienten in den meisten biomedizinischen Maßen, einigen klinisch relevanten Parametern, der Entwicklung des Krankheitsbildes überhaupt, in vielen Punkten des subjektiven Befindens und der Lebensqualität deutlich besser abschneiden als Patienten einer konventionellen kardiologischen Rehabilitation. Sie erleben entscheidende Verbesserungen in Richtung einer Steigerung von Gesundheit, Wohlbefinden und psychosozialer Offenheit. Sowohl ihr Selbst- und Fremdvertrauen als auch ihre Selbstverantwortung nehmen zu und sie erfahren eine Verbesserung der allgemeinen Lebensqualität sowie eine befriedigendere Partnerinteraktion.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass der Wissenschaftliche Beirat der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation (DGPR) von Herz- Kreislauferkrankungen e.V. dem Konzept der Lebensstiländerung den H. G. Meise-Präventions-Förderpreis 1998 zuerkannt hat.

Literatur:
Ornish D. (1992): Revolution in der Herztherapie. Stuttgart, Kreuz-Verlag
Brusis O.A., Furtmayr-Schuh A. (1998): Gesundes Essen, gesundes Herz. Stuttgart, Kreuz-Verlag.

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Die Methode Kousmine
F. Wilhelmi de Toledo, Klinik Buchinger am Bodensee, Überlingen

Die Schweizer Ärztin Catherine Kousmine (1904-1993) stellte im Laufe ihrer langen Praxiserfahrung eine Methode aus fünf Säulen zusammen. Bemerkenswert ist ihre langjährigen Erfahrung mit der Behandlung von Krebs-, Multipler Sklerose- und Polyarthritis-PatientInnen.

Die Grundlage
Genügend Schlaf (möglichst 6-8 Stunden pro Tag). Genügend körperliche Aktivität (möglichst täglich an frischer Luft). Ein emotionales Gleichgewicht anstreben (Stress, Beruf, Familie), ggf. unterstützende Psychotherapie und Frage der Spiritualität.

Die fünf Säulen der Methode
1. Ernährungsumstellung
2. Darmhygiene
3. Zufuhr von Vitaminen und Mikronährstoffen sowie Saturierung mit essentiellen Fettsäuren
4. Behandlung des Säure-Basen-Haushalts
5. Immunmodulation und andere Hilfsmethoden für PolyarthritikerInnen

Zu Punkt l: Ernährungsumstellung
Je nach individueller Verträglichkeit gelten die folgenden Empfehlungen :
a. Richtige Auswahl von Art und Menge der Fette
b. Rückkehr zu Vollkornprodukten und faserreicher (ballaststoffreicher) Ernährung
c. Einführung mindestens einer Vollwertmahlzeit pro Tag: z. B. das „Müsli“
d. Großer Anteil von Obst und Gemüse, möglichst in roher Form und aus kontrolliert-biologischem Anbau
e. Ausschaltung bzw. Reduktion von isolierten, raffinierten Produkten (z. B. Weißmehl, Haushaltszucker) und Konserven
f. Ausschaltung bzw. Reduktion von Fleisch und Wurstwaren
g. Ausschaltung bzw. Reduktion von Alkohol
h. Reduktion der Kochsalzzufuhr, ausreichende Trinkmenge

Zu Punkt 2: Darmhygiene
Tägliche Darmentleerung durch faserstoffreiche Ernährung (besonders Vollkorngetreide, Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Ölsaaten — soweit sie vertragen werden). Gegebenenfalls Zusatz an Kleie oder Leinsamen. Einlauf ca. l Liter (körperwarmes Wasser und gegebenenfalls zur Desinfektion l Esslöffel Kamillosan). Bei Initiation der Methode Kousmine wird ein täglicher Einlauf während ca. 7 Tagen durchgerührt, Colon-Hydrotherapie. Die Colon-Hydrotherapie kann die Einlaufserie ersetzen und eignet sich ganz besonders im Falle von Verstopfung und wenn ein Schub (z. B. Polyarthritis oder Multiple Sklerose) sich anbahnt. Kriyas (Yoga): zur Beschleunigung und Verstärkung der Einlaufwirkung oder Darmbehandlung (durch Therapeut oder selbst gemacht).

Punkt 2a: Ölinstillation
Nach einem kleinen Reinigungseinlauf (1/4 -1/2 Liter) oder nach dem oben genannten Einlauf soll eine rektale Zufuhr von 20 bis 50 ml kaltgepresstem, lauwarmem Sonnenblumenöl beim liegenden Patienten durchgeführt werden. Empfohlen ist gegebenenfalls ca. 1 Stunde zu warten zwischen Reinigungseinlauf und Ölinstillation. Danach ist erforderlich, sich mit einer dicken Slipeinlage zu schützen und auch sicherheitshalber eine Betteinlage zu benutzen. Am nächsten Tag wird eine dünnere Slipeinlage benötigt.

Zu Punkt 3: Zufuhr von Vitaminen und Mikronährstoffen sowie Saturierung mit essentiellen Fettsäuren
Die massive Anreicherung, sowohl von Vitaminen (C, E, Carotin, ein Teil der B-Gruppe) und Mineralien (Mg, Zn, Ca, Se) in Form von oralen Medikamenten oder Tabletten als auch durch intravenöse oder intramuskuläre Gaben erfüllt mehrere Zwecke:
1. Drainage der toxischen Substanzen im Sinne eines ausleitenden Naturheilverfahrens durch massive Stimulation des enzymatischen Apparates (Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente sind Coenzyme wesentlicher Stoffwechselvorgänge). Bei TumorpatientInnen vermeidet man Vitamin B12 und Folsäure.
2. Verbesserung der Saturierung an Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen der verschiedenen Gewebe und folglich Verbesserung der Stoffwechseleffizienz. Kranke Gewebe sind besonders desaturiert und benötigen eine größere Zufuhr als die tagesempfohlene Menge.

Zu Punkt 4: Behandlung des Säure-Basen-Haushalts
Säurebereich: < 7
Neutral: 7
Basischer Bereich: > 7
Man misst normalerweise den Urin-pH 3-5 mal pro Tag und sollte den durchschnittlichen Wert von 7 erreichen. Allerdings ist der erste Urin morgens immer sauer, weil während der Nacht die im Körper gelagerten Säuren eliminiert werden. So sollte man immer ab dem 2. Urin des Tages messen. Im Fasten ist der Urin-pH immer sauer, obwohl die Menschen nicht im pathologischen Sinn „übersäuert“ sind: Während des Fastens wird Fett als Hauptbrennstoff herangezogen, und dieser wandelt sich in Ketonkörper um. Die Ketonkörper sind physiologische Säuren. Aus diesem Grund ist die Urin-pH-Messung während des Fastens nicht interpretierbar.

Falls sich der Urin-pH-Durchschnitt während des Tages unter 7 befindet, sollte man zunächst die physiologische Ausscheidung der Säuren aktivieren durch mehr körperliche Aktivität an der frischen Luft durchführen, mehr Wasser trinken und weniger Säuren über die Ernährung zuführen (Fleisch, Wurstwaren und Alkohol reduzieren den pH-Wert, daher mehr Obst und Gemüse nach Verträglichkeit essen). Wenn diese Maßnahmen nicht genügen und bei lang anhaltender Übersäuerung ist es oft nötig, alkalisierende Substanzen zu sich zu nehmen.

Zu Punkt 5: Immunmodulation und andere Hilfsmethoden für PolyarthritikerInnen: Vaccine-Therapie
Dieses Verfahren wird gelegentlich bei Polyarthritis rheumatoides verwendet. Es handelt sich hier um ein „Derivationsverfahren“ im Sinne der Naturheilkunde. Eine entzündliche Reaktion wird weg von den Organen – in diesem Fall Gelenke bei Polyarthritis oder Bronchien beim Asthma – auf die Haut dirigiert.

Im Fall von Schüben:
Multiple Sklerose und Polyarthritis sind Erkrankungen, die typischerweise durch Schübe gekennzeichnet sind. Wenn sich ein Schub anbahnt, empfiehlt Kousmine eine Colon-Hydrotherapie oder 1-2 Einläufe und ein partielles Fasten während 2 oder 3 Tagen durchzuführen. Stressverminderung sowie Ruhe und den individuellen Fähigkeiten angepasste körperliche Bewegung sind ebenfalls empfohlen.

Literatur
1. Kousmine, C. (1984): Gesundheit auf dem Teller. Wohlbefinden bis über 80. Paris, Delachaux & Niestle
2. Gauthey-Urwyler, J. (1984): Richtig essen, Krankheiten vorbeugen – Bewährte Rezepte nach den Grundsätzen von Dr. med. C. Kousmine. Paris, Delachaux & Niestle
3. Gauthey-Urwyler, J. (1984): Essen Sie sich gesund – Bewährte Rezepte nach den Grundsätzen von Dr. med. C. Kousmine. Paris, Delachaux & Niestle
4. Gauthey-Urwyler, J. (1986): Die multiple Sklerose ist heilbar. Das Leben erwählen. Paris, Delachaux & Niestle

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Diagnostik und Therapie nach F. X. Mayr (Mayr-Kur) unter besonderer Berücksichtigung von Herzkreislauferkrankungen
W. May, Schwangau

Zum Kurverständnis dienen zwei Erkenntnisse:
1. Das Zentralorgan der biologischen Kraft, Energie und Gesundheit des Menschen ist sein Verdauungsapparat.

2. Die allgemein verbreiteten Ernährungs-, Verdauungs- und Stoffwechsel-Schäden sind heute der Zivilisationsschaden Nr. l.

Die Diagnostik nach Dr. F.X. Mayr
Die Diagnostik nach Mayr beurteilt die Körpersäfte, den Zustand von Haut, Haaren, Nägel, Zunge, die Körperhaltung und die Bauchform. Die Mayr- Diagnostik ist eine Erweiterung in der Diagnostik der schulmedizinisch bekannten Risikofaktoren für Herzkreislauferkrankungen.
Die Mayr-Therapie ist vor allem eine Darmreinigungskur

Das von F.X. Mayr beschriebene Bild der chronischen Darmträgheit mit unzureichendem Selbstreinigungsvermögen (Enteropathiesyndrom) führt zu Obstipation, Durchfällen, Blähungen, Völlezuständen, gastrischen Beschwerden, Appetitstörungen, Übelkeit, Brechreiz, Krampfzuständen im Abdomen und einem Roemheld-Syndrom.

Ziele der Darmsäuberung
1. Die Beseitigung der Darmverschmutzung und der daraus resultierenden Funktionsstörungen (Colon irritable, Roemheld-Syndrom).
2. Die Regeneration der Darmschleimhautschranke und die Beseitigung der intestinalen Autointoxikation (Dyskrasie).
3. Die Regeneration des intestinalen Immunsystems und damit die Wiedererweckung der natürlichen Selbstreinigungskräfte des Verdauungstraktes.

Therapieprinzipien:
1. Die Schonung
Sie zielt auf Erholung und Regeneration des Verdauungssystems durch Intensivdiät. Je nach Befund werden Teefasten oder Milchdiät oder eine leicht verträgliche Kost (z. B. milde Ableitungsdiät) verordnet.

2. Die Säuberung
Sie dient der Entschlackung und Entsäuerung des Organismus. Dabei helfen die salinische Berieselung, eine Trinkkur, die ärztlich manuelle Bauchbehandlung und verschiedene natürliche physikalische Behandlungsmethoden mit.

3. Die Schulung
Sie sorgt für Training und Wiederertüchtigung mangelhafter Funktionen. Dazu dienen Kau- und Esstraining, Rückgewöhnung an Trinken bekömmlicher Flüssigkeiten und die Neuorientierung auf eine künftig gesündere Ernährungs- und Lebensweise.

Das Enteropathie-Syndrom begünstigt die Entstehung und das Fortschreiten der KHK, – der kardialen Dekompensation und das Entstehen von Rhythmusstörungen. Sowohl metabolische als auch mechanische Störungen begünstigen die Entstehung sklerotischer Gefäßveränderungen, Blutdruckveränderungen, Hämorrhoiden, Varizen und Lymphödemen. Eine konsequent durchgeführte Therapie nach Mayr kann durch Abstellen der Autointoxikation und über eine Verbesserung der Atmung günstigere Bedingungen für die Herzleistung und die Durchblutung schaffen.

Quelle:
May W.: Umstimmungstherapie – Verfahren der Naturheilkunde, Hippokrates Verlag Stuttgart 1993
Weiterführende Literatur:
Kojer M. (1989): Cardiovasculäre Leistung und Therapie nach Mayr. Vortrag in Baden-Baden am 1.11.89.
Rauch E. (1993): Die Darmreinigung nach Dr. F.X. Mayr. Haug Verlag Heidelberg
Rauch E. (1986): Die Diagnostik nach Dr. F.X. Mayr. Haug Verlag Heidelberg
May W. (1989): Die Heilkräfte in unserer Nahrung; Sonntag Verlag Regensburg

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Sinn und Unsinn von Kurzzeitdiäten
H. Lützner, Überlingen

Kurzzeitdiäten aus der Sicht der Anwender.
Der „Anwender“ sagt:
* als Fastenarzt für therapeutisches Fasten als medizinische Methode ( 33 J. Erfahrung am Krankenbett). Hier geht es um klinisch-stationäre Heilverfahren von 4-6 Wochen und um Fastenzeiten von 14-28 Tagen, die immer von einer sorgfältigen Ernährungsumstellung gefolgt werden.
* als Fastenleiter, der von der uralten Kultur des Nicht-Essens kündet, seit 15 Jahren das „Fasten für Gesunde“ als Selbsterfahrung anbietet und Fastenleiter/innen ausbildet. Vermittelt wird die Erfahrung, dass jeder gesunde Mensch die Fähigkeit hat, eine Zeit lang ohne Nahrung zu leben und dabei ohne Hunger zu sein,
* als Diätetiker, der es für einen Unsinn hält, Fasten mit Reduktionskost bzw. Diäten zu vergleichen oder Fasten gar für eine Diät zu halten. Kurzfristiges Fasten ist der physiologisch und didaktisch geschickteste Auftakt zu einer Veränderung der Ernährungsgewohnheiten. Dies konnte in einer klinischen Zweijahres-Studie nachgewiesen werden.

Fasten ist keine Diät. Wohl aber die strengste Form der Diätetik im Sinne der griechischen Sprachwurzel „diaita“. Fasten hat mehr mit Verzicht, Disziplin, Besinnung auf die Ordnungsgesetze des Lebens als mit Kalorien und Inhaltstoffen zu tun. Die Frage nach der Bedarfsdeckung, der Nährwertrelation, dem Eiweißminimum und der Wertstoffzugabe erübrigt sich, solange der Körper alles gespeichert hat, was er braucht.

Mit dem Wort „Fasten“ kennzeichnen wir den Tatbestand der kompletten Bedarfsdeckung aus körpereigenen Nahrungs- und Vitalstoffdepots. Dies gilt für die Tierphysiologie im natürlichen Jahresrhythmus und als Überlebungsstrategie. Für den Menschen ist „Fasten“ eine Sache der seelisch-geistigen Grundeinstellung: die Freiwilligkeit des Verzichts auf Nahrung und Genussmittel und das Bewusstwerden einer anderen Dimension des Lebens in hoher Erlebnisdichte.

Dies bietet dem Kranken, dem übergewichtigen, dem Essverhaltensgestörten, aber eben auch jedem Gesunden wertvolle Ansatzpunkte für eine Veränderung seines Lebensstils.

Andere fastenähnliche Kurzzeitdiäten wie die Rohkost nach Bircher-Benner, die F.X. Mayr-Kur oder die Schroth-Kur ebenso wie das Molke-Trinken haben ihren therapeutischen Nutzen seit Jahrzehnten unter Beweis gestellt. Ihr Unsinn, wie der des Fastens – beginnt da, wo man sich zwanghaft Gewicht abringen will, ohne eine Veränderung des Konsumverhaltens zu wollen, und da, wo einschneidende Kurzzeitdiäten mangelernährten oder untergewichtigen Menschen verordnet werden.

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Dank:
Mit freundlicher Unterstützung der Malteser Klinik Dr. von Weckbecker, Bad Brückenau, Klinik Buchinger am Bodensee und Clinica Buchinger, Marbella, der Firma Randegger Ottilien Quelle und der Deutschen Fastenakademie (dfa).